July 14, 2009

...nachdem auf YouTube die verschiedenen kurzen Teaser-Trailer zu Twilight (1. Film zur Twilight Saga von Stephenie Meyer) ungezählte Millionen von Betrachtern gefunden haben, dazu noch eine riesige Anhängerschaft, die sich berufen fühlt selbst mit ihren Schauspielfähigkeiten und Filmkünsten eigene Twilight-Videos einzustellen (sie gehen bereits in die Hunderte), sich darüber hinaus unzählige Super-Blogger zu ihrer Begeisterung für die Saga und den Film mitsamt seinen Schauspielern b e k e n n e n, stehe ich doch einigermaßen sprachlos da und frage mich, was es denn ist, das mich ergriffen hat - denn ich bin auch - und das Outen fällt mir nicht schwer: ein Twi-Crack-Addict (wie der Blog einer begeisterten Anhängerin heißt, die schon über Tausend Leser hat: http://twicrackaddict.blogspot.com/) Ich versuche zu analysieren, meine Motivation diese Texte wieder und wieder herzunehmen, den Film in Ausschnitten erneut anzusehen und diese kleinen Spuren zu verfolgen, die mich auch nach mehrmaliger Wiederholung, von Neuem faszinieren und lächeln lassen.

Die ganze universelle Kreisbewegung im Netz, die sich wabernd um Film, Skript und Buch bewegt, pendelt sich jedoch zu 80 % bei Robert Pattinson ein, dem sonderbar sensiblen Edward Cullen, einem Vampir, der bei der ersten Begegnung mit Isabella Swan eigentlich nur die unsägliche Gier empfindet, das Blut dieses Mädchens zu trinken.
Der Duft, den ihr Haar und ihre Haut ausströmen, lässt ihn wahnsinnig werden. Er spürt den Drang sie zu töten, aber da seine Vampirfamilie (eine ganz außergewöhnliche Geschichte im Hintergrund) auf Menschenblut verzichtet und nur Tierblut bei Jagdausflügen (!) zu sich nimmt, wandelt sich seine Mordlust in einen Beschützertrieb, in Liebe, um und er muss, gegen alle Regeln der Vampirüberlebenstechnik auf dieser Welt, dem menschlichen, so zerbrechlichen Wesen Bella zur Seite stehen und ihr beim "Überleben" in der menschenfeindlichen Welt helfen.

Sie ist ein außergewöhnlich reifes und intelligentes Mädchen, sie ist praktisch, denkt schnell, ist modern und aufgeklärt, und ist, wenn auch zurückhaltend so doch sehr emanzipiert, denn sie ergreift immer wieder die Initiative auch wenn sie sich damit selbst schadet – leider ist sie außerordentlich ungeschickt, was nicht ganz zu ihrer Intelligenz und ihrem Gesamteindruck (Roman-Bella + Film-Bella) passt. Aber so ist sie nun mal beschrieben und das bedingt vielleicht einen Teil ihrer Zurückhaltung.

Was Stephenie Meyer hier entwickelt hat, ist eine Geschichte, die man nicht mit wenigen Sätzen beschreiben kann. Es ist sicher keine große Literatur, und wenn ein gutes Lektorat Hand angelegt hätte, dann wären nicht so viele sprachliche Fehler im englischen Text, auch sind einzelne Passagen in den vier Bänden sehr unterschiedlich in ihrer Dichte und Aussage (planloses Geplapper neben wichtiger Lebensphilosophie!) – aber hier wird eine Geschichte
entfaltet, die in ihrer kontroversen Entwicklung, außerordentlich spannend und beeindruckend ist.

Das, was hier mit dieser 17-jährigen Bella geschieht, die sich, wie Hunderte Mädchen vor ihr in Edwards 90jähriger Vampirexistenz in ihn verliebt, ist mit nichts, was ein normales unglücklich verliebtes Mädchen erleidet, zu vergleichen. Ihr widerfahren bei allen seelischen Qualen wirkliche, körperliche Unfälle, von gebrochenen Handknöcheln, über Rippenbrüche, einem Beinbruch bei einem Mordversuch... es ist eine schauerliche Liste, die alles übersteigt, was man normalerweise an Gebrechen in einem kleinen Mädchenleben erfährt.

Doch, und das ist sicherlich ein Teil des Rätsels dieser sonderbaren, hingebungsvollen Liebe, die geheimnisvollerweise landauf und landab die Frauenhäuser füllt: auch wenn es weh tut, auch wenn der Schmerz unerträglich, ja lebensbedrohlich zu sein scheint, Bella hält – gegen alle Vernunft - an ihrer Liebe fest.

Das Objekt ihrer Liebe, der Verursacher all ihrer Leiden, allerdings, ist kein haltloser Macho-Lover, der sich nicht im Griff hat und auf sie einprügelt, wann immer es ihm danach ist, sondern ein junger, verzweifelter Vampir, ein Untoter, ein Kalter, ein Wesen mit einer eisigen Existenz, der jedoch völlig atypisch ist.

Wäre er ein normaler Mann, dann würde er mit diesem Lebens- und Liebeskonzept als „dämlicher Softie“ abgeurteilt. Edward will Bella nicht küssen, weil er ihr damit weh tun könnte.
Er ist ein Mann, der ihre jungfräuliche Unversehrtheit respektiert und/also nicht mit ihr schläft.
Er will sie auch gegen ihren Willen erst heiraten, um vor dem Gesetz, bzw. vor seiner eigenen, etwas antiquierten Vorstellung der „ehelichen Einheit“ rein und unberührt (auch er ist Jung-Mann) vor ihr stehen zu können.

Erst nach der Eheschließung möchte er eine körperliche Bindung mit ihr eingehen.

Eine fantastische und schöne Geschichte, wären da nicht die Abhängigkeiten. Und genau dort setzt allerdings wieder alle Kritik an, dort beginnt aller Widerspruch.

>Was ist unsere Welt, wo sind wir, und wo schließlich ist diese Geschichte, die ursprünglicher, ja „in a most basic way“ – natürlicher nicht angesiedelt sein könnte, in einer Welt (der gelebten), die von „Unnatur“ nur so strotzt, die sich in „fictionaler Cyber-Irrealität“ selbst sekündlich ad absurdum führt, ja am Tropf der Medien hängt und sich dabei selbst stranguliert.

Da liegt, so denke ich, das Geheimnis der Faszination verborgen.

Die spontane, begeisterungsfähige und etwas wirre Catherine Hardwicke, Regisseurin von Twilight 1, hat gar nicht geahnt, wie richtig sie lag, mit ihrer Interpretation, mit ihrer Idee der Verwirklichung des Scipts von Melissa Rosenberg.
Auch wenn sie die Register der modernen Filmtechnik nicht wirklich genutzt hat, Edward hat überall Haare – obgleich Vampire eine Haut wie Marmor haben – er sollte eisig kalt und weiß und marmorn wie Stein sein – was er nicht immer ist, seine Ohren sind bisweilen gerötet, sein Hals ist rosa, die Lippen rot geschminkt, alles ein wenig uneinheitlich – aber das stört nicht wirklich, mitsamt dieser Unvollkommenheit ist es der Regisseurin gelungen, den Augenblick einmalig, verletzlich zu machen.
Der Betrachter wird in das Geschehen hineingezogen, eine hervorragende Schnitttechnik, überleitende Musikpassagen, Szenenübergänge, üben einen faszinierenden Sog aus.

Und mitten drin in dieser ganz normalen Lebensgeschichte, einer Kleinstadt mit Neubürger Bella Swan, befindet sich ein eisiger Vampir und ist der zart-besaitetste junge Mann, der selbstlos beschützt und liebt, und wir müssen ihn anschauen, diesen Vampir, müssen seinen Bewegungen, seiner Mimik, seinem Lächeln folgen und kopfschüttelnd murmeln:

Was war zuerst da, das Ei oder die Henne?

Aber all das ist nur ein Hauch von dem, was wirklich in dieser Geschichte steckt. Und der Zauber, den Robert Pattinson mit seiner Interpretation des Edward, darüber hinaus über die Geschichte gesprüht hat, ist kaum zu beschreiben. Er hat den inneren Kampf, die Selbstironie des als vegetarisch dahinvegetierenden Vampirs, auf die Leinwand geschrieben, er hat das geistige Bild, die Romanvision auf eine Art belebt, die mich einhalten lässt, weil Illusion, Fantasie und Realität mit einem Mal lebendig miteinander verwoben sind!


Die Geschichte hinter der Geschichte ist einfach:

Der Schauplatz ist der westlichste Zipfel der USA, Washington, ein Voralpenland, das in Nebelbänken und Regenwolken versinkt, Indianergebiet, Natur, die sich mit großer Kraft bemerkbar macht, die Welt ein grünes, feucht-kaltes Biotop, in dem der zivilisierte Mensch wie ein duldender Besucher scheint. Ein Indianerstamm, die Quileute, hat hier sein Reservat, und durch Mythen und Sagen ist dieser Stamm fest mit der Vampirfamilie von Edward Cullen verbunden, ja, die Tatsache, dass die jungen Quileute Teenager sich in Wölfe verwandeln und zu Shapeshifter werden, Werwölfe sein müssen, lässt sich aus der Existenz der Vampire erklären. Es besteht eine sonderbare Coexistenz zwischen den verfeindeten Gruppen, die sich jedoch existenziell bedingen, und Bellas Gegenwart, ihre unumstößliche Zuversicht, dass es Wege geben muss um an den Grund der Dinge zu kommen (Freundschaft, Liebe, Versöhnung, etc. die Hass, Vernichtung, etc. zur Seite schieben) löst immer wieder innere und äußere Kämpfe aus, die extrem naiv in ihrer geplanten Örtlichkeit, in ihrer Austragung sind, gleichzeitig aber von so einem magischen Zauber, dass sie faszinieren, bestechen und nachhaltig beschäftigen.

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